DEUTSCHE APOTHEKERZEITUNG
Der Apothekenfinder – Wie ein Makler bei der Übernahme einer Bestandsapotheke helfen kann
Der Kauf der ersten Apotheke und der Wechsel von einem abhängigen, gesicherten Anstellungsverhältnis in die unabhängige, mit Risiken verbundene Selbstständigkeit ist sicher ein einschneidendes Ereignis im Leben einer jungen Apothekerin oder eines jungen Apothekers. Umso bedeutender ist deshalb eine gute Vorbereitung und Planung, wenn dieser Schritt dann konkret ansteht. Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein anzunehmen, dass die gegenwärtige Marktsituation dem Kaufinteressenten in die Hände spielt. Denn nach Pressemitteilungen ist davon auszugehen, dass in den kommenden zehn Jahren knapp ein Drittel aller Inhaber ihre Apotheke aus Altersgründen abgeben wollen. Die hohe Anzahl von Objekten, die somit auf dem Markt angeboten werden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige dieser Apotheken keinen Käufer finden werden, weil eine Nachfolge unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht machbar ist.
Kauf einer Bestandsapotheke oder Neugründung?
Ist es sinnvoller, eine Apotheke neu zu gründen oder ist der Erwerb einer Bestandsapotheke der bessere Weg? So ganz einfach kann diese Frage nicht beantwortet werden. Die Entscheidung, was besser ist, hängt sehr von der Mentalität und der Risikobereitschaft des Existenzgründers ab. Ein wesentlicher Unterschied der beiden Alternativen besteht darin, dass bei einer Neugründung der – zum Überleben notwendige – Umsatz, Kundenstamm und Ertrag vollständig von anderen Kollegen „abgeworben“ werden muss. Aufgrund dieser Gegebenheit dauert es bei einer Neugründung häufig mindestens zwei bis vier Jahre, bis diese Apotheke „schwarze Zahlen“ schreibt (siehe Beispiel 1).
Beispiel 1 – Kalkulation einer Neugründung:
Bei der Übernahme einer Bestandsapotheke dagegen kann der Käufer in der Regel den bisherigen Kundenstamm, den Umsatz und den Ertrag – sofern das Objekt umfassend geprüft wurde – vom Verkäufer übernehmen. Somit ist der Nachfolger beim Kauf eines bereits profitabel laufenden Objekts nicht existenziell darauf angewiesen, von der Konkurrenz Kunden abwerben zu müssen. Bei einer richtig durchgeführten Apothekenübernahme ist es eher die Regel, dass diese bereits im ersten Jahr einen positiven Ertrag und den zum Leben erforderlichen und von der Bank für die Genehmigung der Finanzierung geforderten Verfügungsbetrag abwirft (siehe Beispiel 2).
Beispiel 2 – Kauf einer Bestands-Apotheke:
Unter diesen Aspekten erscheint der Kauf einer Bestandsapotheke als die sicherere Variante. Dies ist tatsächlich auch häufig der Fall. Jedoch kann und darf diese Aussage pauschal so keinesfalls stehen bleiben. Auch beim Kauf einer Bestandsapotheke gibt es eine Reihe von Schritten, die professionell durchzuprüfen sind, damit später nicht das „böse Erwachen“ kommt.
Jedes Kaufangebot muss individuell beleuchtet werden!
Jeder Käufer sollte sich zunächst einmal darüber klar werden, welche Art Apotheke zur persönlichen Übernahme überhaupt infrage kommt. „Die Ideal-Apotheke“ gibt es nicht. Es gibt Apotheken in Ärztehäusern, Einkaufszentren, City-Lauflage, Vorort- oder City-Randlage und im ländlichen Bereich. Weitere wichtige Kriterien, über die sich ein Kaufinteressent ebenfalls im Vorfeld im Klaren sein soll, sind Mindestumsatz/Mindestertrag, regionale Eingrenzung des Standortes, maximaler Kaufpreis/maximale Gesamtinvestition, Einzelapotheke/Apothekenverbund und der gewünschte bzw. machbare Zeitpunkt der Existenzgründung.
Die Suche nach der Wunsch-Apotheke
In vielen Fällen stellt sich für den baldigen Existenzgründer im Anstellungsverhältnis das Problem, dass die aktive Suche nach einem geeigneten Objekt nur sehr eingeschränkt möglich ist. Dies liegt in der Praxis oftmals daran, dass der Chef von den Wünschen des Angestellten bzw. seines Filialleiters aus verständlichen Gründen nichts erfahren darf, solange nicht alles in „trockenen Tüchern“ ist. In solchen und in vielen anderen Situationen empfiehlt es sich, z. B. einen verlässlichen Makler mit entsprechend langjähriger Berufserfahrung mit der Suche nach geeigneten Objekten zu beauftragen.
Beispiel: Apothekenmakler s.s.p.
Strengste Diskretion (gegenüber dem Käufer wie auch dem Verkäufer) ist Grundbedingung, die gewährleistet und schriftlich zugesagt sein muss. Ohne Einhaltung dieser Selbstverständlichkeit ist eine Tätigkeit als Apothekenmakler langfristig unmöglich.
Dies sind die einzelnen Schritte bei der Suche nach der geeigneten Apotheke:
- Prüfung von Objekten aus der s.s.p.-Apothekenbörse
- Gezielte telefonische und schriftliche Akquisition
- Akquisition über die s.s.p.-homepage
- Akquisition über geeignete Inserate
- Akquisition über Seminare zum Thema „Apothekenverkauf“
- Akquisition über s.s.p.-Netzwerkpartner
Alle aufgeführten Akquisitionsmöglichkeiten sind sinnvoll und bringen in der Praxis immer wieder verschiedene Verkaufsangebote, die dann individuell geprüft werden. Neben der Akquisition über bundesweit angebotene Seminare ist die Akquisition über ein funktionierendes Netzwerk die wirkungsvollste Methode, um mit Apotheken in Kontakt zu kommen, die beim Verkauf unterstützt werden wollen.
So werden die Verkaufsobjekte geprüft
Für jede zum Kauf infrage kommende Apotheke gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die grundsätzlich getan werden müssen und die s.s.p. immer auch persönlich durchführt. Dazu gehören die persönliche Besichtigung der Apotheke sowie die Erfassung und Beschreibung der wesentlichen Apotheken-Kriterien:
- Art der Apotheke (siehe oben)
- inhabergeführt oder Filiale
- Einzelapotheke oder Apothekenverbund
- Größe in qm/Größe der Offizin
- Attraktivität der Apotheke/Erscheinungsbild/notwendige Zusatzinvestitionen
- Umsatz/Umsatzentwicklung/Umsatzzusammensetzung/ Sonderumsatz
- Kosten/Kostenentwicklung/Kostenzuordnung
- Marketingaktivitäten
- Erfassung/Beschreibung der wesentlichen Standort-Kriterien, Kaufkraft
- Größe des Ortes/des Einzugsgebietes
- Infrastruktur (Verkehrsaufkommen, Parksituation, öffentliche Verkehrsmittel, etc.)
- Wettbewerbssituation
- Ärzteumfeld/Hauptverordner
Außerdem sind die notwendigen Unterlagen (BWA, Bilanzen, Lohnjournal, Abrechnungen des Abrechnungszentrums, Mietvertrag, Inventarverzeichnis, Verträge, usw.) anzufordern.
Oft entscheidend: der Ersttermin mit dem Verkäufer
Der Ersttermin zwischen Käufer und Verkäufer kann entscheidend dafür sein, ob es zu weiteren Gesprächen und darauf aufbauend zu einem positiven Vertragsabschluss kommt. Der Verkauf einer Apotheke ist in erster Linie ein geschäftlicher Vorgang. In einigen Fällen geht es dem Apothekenverkäufer nur um den Kaufpreis, den er erzielen kann. Dann spielt Sympathie oder Antipathie eine eher untergeordnete Rolle. Es gibt aber Verkäufer, die mit dem Verkauf ihrer Apotheke auch ihr „Lebenswerk“ abgeben und in „gute Hände“ geben wollen bzw. sich wünschen, dass die Apotheke im „Geiste“ des bisherigen Inhabers fortgeführt wird. In diesen Fällen spielt Sympathie und Antipathie eine sehr entscheidende Rolle für ein weiteres Gespräch und letztendlich das Zustandekommen eines Kaufvertrages mit dem Wunsch-Nachfolger. Unter den beschriebenen Aspekten empfiehlt es sich, beim Ersttermin mit dem Apothekeninhaber sympathisch und freundlich zu sein. Äußerst unangenehm erscheint es, wenn der Kaufinteressent gleich nach wenigen Minuten vorgefertigte Listen in die Hand nimmt und im Militärton abfragt nach „Nettoumsatz“, „Gewinn“, „Kaufpreis“, usw. Bei s.s.p. ist kein einziger Fall bekannt, dass es mit dieser Vorgehensweise im Ersttermin zu einem erfolgreichen Kauf der Apotheke gekommen ist.
Blick aufs Ärzteumfeld und die Hauptverordner
Es ist zwischenzeitlich offensichtlich, dass in vielen – vor allem ländlichen Regionen – und für bestimmte Ärzte-Fachrichtungen ein Ärztemangel herrscht. Die Nachfolgesuche für Arztpraxen endet oftmals leider erfolglos. Ferner ist die Bereitschaft von Ärzten in den letzten Jahren deutlich größer geworden, den Praxisstandort zu verlegen (z. B. in ein attraktiveres Gebäude, ein Ärztehaus oder MVZ). Für viele Apotheken ist der Umsatz und Ertrag von Patienten der im Umfeld befindlichen Arztpraxen existenziell für das Überleben der Apotheke. Aus diesem Grund ist es wichtig, von den wichtigsten „Hauptverordnern“ mehr über deren Situation zu erfahren. Neben dem Lebensalter der Ärzte muss geklärt werden, ob die Praxisnachfolge bereits geregelt ist oder erst ansteht, ferner, ob Umzugspläne bekannt oder die Errichtung eines Ärztezentrums geplant ist.
Wirtschaftlichkeitsberechnung und Planrechnung
Erst jetzt, wenn alle oben gelisteten Unterlagen und Informationen vorliegen, kann eine auf die Zukunft ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsberechnung für den potenziellen Käufer erstellt werden. Wenn diese Berechnung erstellt ist, zeigt sich ein erstes ernst zu nehmendes Zwischenergebnis, ob der Kauf der Bestandsapotheke überhaupt infrage kommen kann. Grundsätzlich ist dies nur der Fall, falls für den Käufer ein Gewinn und daraus ableitend ein entsprechender Verfügungsbetrag (freie Liquidität) errechnet werden kann, mit dem die Apotheke finanziert wird und der zum wirtschaftlichen Überleben für den Käufer und dessen Familie ausreichend ist (siehe Beispiel 3). Dieses Beispiel soll dahingehend sensibilisieren, dass die freie Liquidität des Käufers sich in der Regel unterscheidet von der des Vorgängers. Dieser Betrag ist immer individuell zu bestimmen, stellt aber nur eine Planrechnung dar. Die freie Liquidität des Käufers ist vor allem abhängig davon, ob Umsatz und Kosten übertragen werden können oder ob es zu Veränderungen kommt (siehe im Beispiel Personal, Raum, Afa, Zins, weitere Kosten). Weiterhin hängt die freie Liquidität ab von Faktoren wie Darlehensvolumen, Kaufpreis, Zusatzinvestitionen, Höhe des Warenlagers, Laufzeiten der Finanzierung, Personalkosten, Familienstand u. a.
Beispiel 3 – Wirtschaftlichkeitsberechnung / Planrechnung:
Resümee
Für eine Entscheidung pro oder kontra Kauf einer bestimmten Apotheke ist diese Art der Wirtschaftlichkeitsberechnung neben anderen Kriterien eine sehr große Hilfestellung. Allerdings ist das erst ein Einstieg in die komplexe Sachlage und deckt viele noch zu berücksichtigenden Punkte wie zum Beispiel mögliche Umsatzsteigerung, Finanzierungsmöglichkeiten, Vertragsgestaltung nicht ab. Die Existenzgründung ist ein lebensverändernder Einschnitt in ein Berufsleben und sollte sehr sorgfältig geplant und umgesetzt werden, damit sie zu einer Erfolgsgeschichte werden kann.
Autor: Bernd Schubert, s.s.p. Die Apothekenvermittler.
Quelle: DEUTSCHE APOTHEKERZEITUNG
Ausgabe 09 / 2015