LAV BADEN-WÜRTTEMBERG E.V.

Sechs wertvolle Tipps für einen erfolgreichen Apothekenverkauf

Der aktuelle Apothekenmarkt ist ein klassischer Übernahmemarkt. Diese Erkenntnis ist zwar nicht revolutionär neu, wurde jedoch durch die Studie „Apothekengründung 2019“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank nochmals eindrucksvoll bestätigt. Für die Untersuchung wurde eine Stichprobe von rund 350 Apotheken im Jahr 2019 unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Lediglich bei acht Prozent handelte es sich um Neugründungen (zwei Prozent Existenzgründer, sechs Prozent Filialisten). In 85% der Fälle hingegen wurde eine Bestandsapotheke übernommen. Davon zu 56% von Existenzgründern und bei 29% Prozent der Transaktionen haben bereits selbständige Apotheker die Apotheke(n) eines Kollegen als Filiale(n) übernommen. Bei den restlichen sieben Prozent handelte es sich um Pacht- bzw. Gemeinschaftsapotheken.

Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Ein Grund hierfür findet sich in der Altersstruktur der Apothekeninhaber. Deren Durchschnittsalter lag Ende 2018 bei über 51 Jahren. Das bedeutet, dass sich eine große Anzahl von Pharmazeuten – Branchenexperten sprechen von bis zu 6.000 – gegenwärtig mit dem Gedanken trägt, die eigene Apotheke zu verkaufen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden diese Überlegungen in vielen Fällen nochmals forciert haben. 

Doch dieser Schritt will wohl überlegt und noch besser vorbereitet sein. Hier lauern sowohl für Verkäufer als auch für Käufer einige Fallen, in die man besser nicht hineintappen sollte. Bernd Schubert, Buchautor und renommierter Apothekenexperte, hat sechs wichtige Tipps für eine erfolgreiche Apothekenübergabe kompakt zusammengefasst:

1. Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend

Einer der größten Fehler, die ein Großteil der Verkäufer macht, ist die Tatsache, dass sie sich erst viel zu spät mit ihrem Verkaufsvorhaben beschäftigen. In nicht wenigen Fällen sind es gesundheitliche oder finanzielle Probleme, die den Anstoß geben, einen Verkauf ins Auge zu fassen. Und dann muss es schnell gehen. Die Folge ist: Der Handlungsspielraum wird eng, die Verhandlungsposition verschlechtert sich extrem und man wird zum Getriebenen der eigenen Eile. Wer das vermeiden möchte, der sollte eine ausreichend lange Vorbereitungszeit einplanen – im Idealfall mehrere Jahre.

2. Auf dem Boden der Realität bleiben

Viele Verkäufer neigen verständlicherweise dazu, das eigene Lebenswerk mit anderen Augen zu betrachten als so mancher potenzielle Käufer. Und das vor allem, wenn es um die Preisvorstellung geht. Nicht selten weichen die tatsächlich am Markt erzielbaren Preise erheblich von den Erwartungen ab. So hart es klingt: Für Herzblut, Leidenschaft und die in der Apotheke verbrachte kostbare Lebenszeit gibt es kein Preisschild. Hier zählen nur knallharte Fakten, die genau zu analysieren sind: der Zustand von Räumlichkeiten und Inventar, die Zusammensetzung des Umsatzes, die Kostenstruktur und das Betriebsergebnis, das Warensortiment, die Wettbewerbssituation oder auch die perspektivische Entwicklung.

3. Dem Standort große Aufmerksamkeit schenken

Arztpraxis und Apotheke sind die perfekte Symbiose. Fehlt ein Teil davon, wird es schwierig. Deshalb ist es extrem wichtig, die „ärztlichen“ Rahmenbedingungen am Standort zu prüfen. Und zwar nicht nur den Status Quo, sondern vor allem auch die voraussichtliche Entwicklung. Welche Ärzte gibt es in der Umgebung? Wie ist deren Altersstruktur? Wie sind die Praxen aufgestellt? Gibt es möglicherweise schon Nachfolgepläne? Kann der Apotheker den Arzt vielleicht sogar dabei unterstützen? Besonders in strukturschwächeren Regionen ist diese Analyse absolut notwendig. 

4. Die Immobilie: Chance oder Risiko?

Nicht nur die Umgebung, auch die Immobilie selbst sollte sehr genau unter die Lupe genommen werden. Vor allem der Mietvertrag. Wenn beispielsweise die Mietlaufzeit zu kurz ist und bald nach der Übernahme der Apotheke unvorhergesehene Mieterhöhungen anstehen, kann das schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen. Da die Finanzierung der Apotheke nicht unwesentlich von der Gestaltung des Mietvertrages abhängt, ist die Frage nach entsprechend langen Laufzeiten in einem frühen Stadium der Verkaufsüberlegungen zu klären. Ebenso sollte man einen kritischen Blick auf den Zustand und die Ausstattung der Räumlichkeiten werfen. Ist die vorhandene Technik noch zeitgemäß? Wirkt das Inventar ansprechend? Fühlt sich der Kunde wohl, wenn er die Apotheke betritt? Auch der potenzielle Käufer wird sich vor Ort ein Bild machen, bevor er ernsthaftes Interesse ausspricht. Dieser erste Eindruck ist später kaum mehr zu revidieren. Eine in die Jahre gekommene Apotheke mit frischer Farbe oder notwendigen Reparaturen aufzuwerten, kann sicher nicht schaden.

5. Erfolgsfaktor Personal

Der Erfolg einer Apotheke hängt entscheidend von deren Mitarbeitern ab. Kompetente Beratung, gute Menschenkenntnis und ein freundliches Auftreten sind für eine langfristige Kundenbeziehung von immenser Bedeutung. Deshalb sollte beim Apothekenverkauf der Personalübernahme hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden. So mussten mangels geeigneten Personals bereits viele, durchaus noch leistungsfähige Apotheken geschlossen werden. Die Erfahrung zeigt, dass ein Verkauf nicht selten an fehlendem Personal scheitert. Gerade bei inhabergeführten Apotheken sind es oft Familienangehörige oder auch langgediente Mitarbeiter, die nach einem Verkauf ausscheiden und eine schmerzliche Lücke hinterlassen.  Dieser Aspekt sollte auf keinen Fall außer Acht gelassen werden.

6. Fingerspitzengefühl ist gefragt

Die Übergabe des eigenen Lebenswerks ist für den Verkäufer meist eine hochemotionale Angelegenheit. Und: Auch der Käufer geht die Sache in der Regel nicht vollständig rational an. Für Viele ist es der Schritt in eine mit etlichen Fragezeichen versehene Selbstständigkeit. Verständlich, dass bei den Gesprächen, die beide Seiten miteinander führen, auch schon mal die Ebene der Sachlichkeit verlassen und sehr impulsiv argumentiert wird. Hier sind beide Seiten gut beraten, wenn sie immer wieder sich selbst und das Gegenüber reflektieren und Verständnis für die jeweils andere Partei aufbringen. Und wenn die Beteiligten dann auch noch über ein wenig Fingerspitzengefühl verfügen, können sie nahezu jede schwierige Verhandlungssituation zum Vorteil aller meistern.

Autor: Bernd Schubert, s.s.p. Die Apothekenvermittler.
Quelle: LAV BADEN-WÜRTTEMBERG E.V.
Ausgabe 6 / 2020