LAV BADEN-WÜRTTEMBERG E.V.

Apothekenverkauf: Der Mietvertrag ist (k)ein Problem!
Mietzins oder Vertragslaufzeiten können Stolpersteine sein

In acht von zehn Fällen gehen Apotheken-Verkäufer fest davon aus, dass es für einen Nachfolger kein Problem sein wird, einen neuen Mietvertrag abzuschließen.

In mehr als 60% der Fälle, das zeigt die Praxis, wird sich diese Aussage relativieren.

Neben dem Finden eines Käufers und der Einigkeit über Kaufpreis und Übernahmezeitpunkt, spielt der Mietvertrag im Hinblick auf eine erfolgreiche Apothekenübergabe eine wesentliche Rolle. Ohne einen Mietvertrag wird es schlichtweg nicht zu einer Übernahme kommen können. Dennoch schätzen viele Verkäufer die Mietvertragsthematik regelmäßig als einigermaßen unbedeutenden Nebenkriegsschauplatz ein und widmen diesem Thema zu wenig Aufmerksamkeit in der Vorbereitung des Verkaufsvorhabens. 

Situation wird verkannt

„Ich kenne meinen Vermieter schon ewig und habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Der Mietvertrag ist kein Problem!“

Dabei wird häufig übersehen, dass der Vermieter mit dem Verkäufer gemeinsam älter geworden ist und seine Mietvertragsthemen nicht mehr von ihm allein, sondern oft von seinen künftigen Erben geregelt werden. Aussagen wie „Verträge über 20 Jahre erlebe ich doch gar nicht mehr – darüber sollen meine Kinder entscheiden“ sind deshalb keine Seltenheit. Und eben diese Kinder/Erben streben unter Umständen eher den zeitnahen Verkauf der Immobilie an als die Weitervermietung. 

Der Inhaberwechsel ist regelmäßig auch eine willkommene Gelegenheit, die Miete neu zu verhandeln. Das führt manchmal zu Mietzinsvorstellungen, die weit über denen des bisherigen Vertrags liegen und sich damit derart gravierend auf die Wirtschaftlichkeit des Apothekenstandorts auswirken, dass eine Übernahme daran im schlechtesten Fall scheitert.

Die Zeiten ändern sich – und damit auch die Anforderungen und Wünsche an einen Mietvertrag

War es vor wenigen Jahren noch gängige Praxis, über Mietvertragsfestlaufzeiten von zehn bis 15 Jahren zu sprechen, sind heute fünf Jahre Festlaufzeit mit vier Verlängerungsoptionen á  fünf Jahren der regelmäßige Wunsch der Käufer und teilweise auch der, der finanzierenden Banken. Wohlgemerkt einseitig verlänger- und kündbar durch den Mieter. Das ist aufgrund der Schnelllebigkeit des Apothekenmarktes aus Käufersicht eine durchaus sinnvolle Gestaltungsform, da das Risiko der Mietzahlungen auf fünf Jahre begrenzt ist. Ein Vermieter jedoch muss – nachvollziehbarerweise – eine solche einseitige Verlängerbarkeit nicht zwingend als faire Vereinbarung sehen.
Neben der Höhe des Mietzinses kann also auch die Laufzeitengestaltung Diskussionen aufwerfen.

Der Zusammenhang zwischen dem Mietvertrag und dem Apothekenkaufpreis

Üblicherweise 10 Jahre nach dem Apothekenkauf (häufig gewählte Kreditlaufzeit) steigt durch Wegfall von Zins- und Tilgungsbelastung für die Kaufpreisfinanzierung der verbleibende Verfügungsbetrag und damit auch der „wirtschaftliche Spaß“ des Unternehmers an der Selbstständigkeit bzw. der Übernahme eines Standorts als Filiale überproportional an. 

Wenn aber dann der Mietvertrag nur mit kurzer Laufzeit oder im schlimmsten Fall überhaupt nicht verlängert werden kann, verschlechtert sich das Investment für einen Käufer deutlich. 

Sofern also der Vermieter nicht bereit ist, über längere Laufzeiten als zehn Jahre zu sprechen, wird ein Käufer – sofern er denn überhaupt weiterhin am Kauf interessiert ist – den Kaufpreis anders bewerten als bei einem langläufigen Mietvertrag von beispielsweise 25 Jahren. 

Die Mietvertragslaufzeit hat demnach häufig Auswirkungen auf den erzielbaren Apothekenkaufpreis und kann bei zu kurzen Laufzeiten durchaus auch dazu führen, dass sich überhaupt kein Käufer findet.

Es menschelt nur allzu häufig

Wenn alle Ampeln auf grün stehen – sprich, es gibt einen unterzeichneten Apothekenkaufvertrag und Laufzeitengestaltung sowie Mietzinshöhe stellen keine Schwierigkeiten dar, bliebe dann noch der Faktor Mensch, den es zu berücksichtigen gilt. 

Erfahrungsgemäß menschelt es nur allzu häufig. Ein Zuspätkommen zum Ersttermin zwischen Vermieter und künftigem Mieter kann ebenso problematisch sein, wie ein ungepflegtes Äußeres des „Bewerbers“. In einem konkreten Fall scheiterte es sogar an ungeputzten Schuhen.  Und in einigen Fällen haben Vermieter auch heute noch sehr konkrete Vorstellungen dahingehend, woher ihre künftigen Mieter kommen bzw. nicht kommen dürfen.

Stefan Burr, Geschäftsführer des Fürther Vermittlungsunternehmens „s.s.p. Die Apothekenvermittler“:

„Bei der Ermittlung des Kaufpreises einer zu verkaufenden Apotheke, sehen wir uns die Mietverträge im Vorfeld sehr genau an und hinterfragen auch das, was nicht geschrieben steht. Je mehr wir über das bestehende Mietvertragsverhältnis, den Vermieter, dessen Absichten, Einstellung und Interessen wissen, desto realistischer können wir den Kaufpreis einschätzen und anschließend auf die Suche nach einem passenden Käufer gehen. 

Wir verschaffen uns Klarheit über die mögliche Übertragbarkeit und die Qualität des aktuellen Mietvertrages und entscheiden dann gemeinsam mit unseren Verkäufern, wann und in welcher Form der richtige Zeitpunkt ist, auf den Vermieter zuzugehen. Das kann in Ausnahmefällen bereits vor der Suche nach einem Käufer erforderlich sein – regelmäßig aber erst dann, wenn es zur Einigung bzgl. des Apothekenkaufs gekommen ist.  

Unseren Verkäufern empfehlen wir – zumindest in Fällen, in denen das bisherige Mietverhältnis harmonisch verlief – den potenziellen Apothekenkäufer und Nachmieter zum Ersttermin mit dem Vermieter zu begleiten und durch ihre Anwesenheit für eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu sorgen.

Mit einer gesunden Mischung aus Fachwissen, guter Vorbereitung und etwas Fingerspitzengefühl wird die Apothekenabgabe nicht an diesem (wichtigen) Thema scheitern.“ 

Autor: Stefan Burr, s.s.p. Die Apothekenvermittler.
Quelle: LAV BADEN-WÜRTTEMBERG E.V.
Ausgabe 1 / 2021