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Apothekenverkauf an das eigene Personal – Chance oder Risiko?

Die eindeutige Antwort: Risiko!

Zugegeben – wir können nur die Apothekenverkäufe beurteilen, mit deren Durchführung wir beauftragt wurden.

Doch mit einer Marktpräsenz von knapp 20 Jahren und durchschnittlich 120 neuen Gesprächen mit Verkäufer:innen pro Jahr, liegen uns repräsentative Werte und zahlreiche Praxisbeispiele vor, auf deren Basis wir festhalten können, dass der Verkauf an das eigene Personal alles andere als einfach ist und für Verkäufer:innen ein nicht zu unterschätzendes Risiko birgt.  


Der schnellste und einfachste Weg?

Da es naheliegend und vermeintlich einfach ist, konzentrieren wir uns instinktiv zunächst auf uns bekannte Personen. Deshalb drängt sich für Viele auch bei der Nachfolgersuche der Gedankengang auf, die Abgabe an jemanden aus den eigenen Reihen ginge schnell und einfach über die Bühne. Denn schließlich kennen sie die Apotheke seit vielen Jahren, für die Kunden wäre es angenehm, wenn die Gesichter sich nicht änderten und auch für die restliche Belegschaft und die Geschäftspartner bliebe nahezu alles beim Alten.

Und, dass Kaufinteresse besteht, ist ohnehin klar – ließ man den aktuellen Betreiber doch bereits vor Jahren wissen, dass Interesse an der Übernahme der Apotheke bestehe.


Das gesprochene Wort vs. Realität

„Ich werde Ihre Apotheke kaufen – Sie brauchen sich nicht auf die Suche nach externen Käufer:innen begeben.“ 

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Ihr/e Mitarbeiter:in das Kind besonders reicher Eltern ist, Geld keine Rolle spielt und er oder sie mit der Apotheke eher nach einem Hobby als nach einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage sucht, mag diese die Aussage unter Umständen in Ordnung sein.

In allen anderen Fällen aber ist sie von geringer Qualität und hat keinen wirklichen Nutzen für Sie.

Weshalb das so ist? Weil ohne Detailkenntnisse über Ihre betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, den Zinsmarkt, die Konditionen für einen Anschlussmietvertrag, die Zustimmung einer Bank und natürlich ohne Ihre Kaufpreisvorstellung – um nur die wichtigsten Parameter aufzuführen – seriöser Weise Niemand eine Entscheidung für oder gegen den Kauf eines Apothekenstandorts treffen kann.


Aus der Praxis für die Praxis:

Beispiel 1: Standortschließung aufgrund von Schamgefühl

Die Inhaberin eines Dreier-Apothekenverbundes wurde schon einige Jahre bevor sie beabsichtige zu verkaufen von ihren beiden Filialleitern darauf angesprochen, dass diese die Apotheken – wenn sie denn mal zum Verkauf stünden – auf jeden Fall übernehmen würden.

Die Inhaberin bot später einem der beiden Mitarbeiter die Apotheken zu einem von ihrem Steuerberater ermittelten Wert an, der dem potentiellen Nachfolger jedoch deutlich zu hoch erschien. Nach dreimonatigem Hin und Her waren die Verhandlungen dann gescheitert und die Stimmung im Keller.

Da das Tauziehen um den Kaufpreis und das Scheitern der Verhandlungen dem Mitarbeiter hoch unangenehm waren und er seine vermeintlichen Traumapotheken, auf die er so lange gewartet hatte, nicht bekommen würde, kündigte er. Unangenehmerweise sprach er mit seinem Filialleiterkollegen über die Hintergründe seiner Kündigung, welcher so sehr enttäuscht darüber war, dass die Inhaberin ihre Apotheken dem Kollegen, aber nicht ihm anbot, dass dieser ebenfalls kündigte. In Folge musste – trotz aller Mühen und Kosten für die Suche nach einem Ersatz – einer von drei gutgehenden Standorten mangels Filialleitung dauerhaft geschlossen werden.


Beispiel 2: „Das hätte wir auch günstiger haben können!“

Im Norden Deutschlands, in einer Region, in der es sehr wenig Nachfrage nach Apotheken gibt, wurde sich die Verkäuferin mit ihrer für die Nachfolge seit Jahren angedachten Mitarbeiterin nicht über den Kaufpreis für die Apotheke einig. Nach gescheiterten Gesprächen wurde s.s.p. mit der Nachfolgersuche beauftragt.

Die Sichtweise der Verkäuferin: „Ich habe ihr seinerzeit einen sehr gut bezahlten Arbeitsplatz angeboten, eine Wohnung besorgt und ihr alles über Apotheken beigebracht, was sie heute weiß. Und zum Dank lässt sie mich jetzt über ihren Steuerberater wissen, dass mein Kaufpreis zu hoch ist. Das ist hochgradig enttäuschend.“

Die Sichtweise der Käuferin: „Ich habe jahrelang nahezu jeden Notdienst übernommen, ich schmeiße den Laden so, als ob es mein eigener wäre und habe der Inhaberin durch meinen Übereinsatz sehr hohe Gewinne verschafft, während sich diese mehr und mehr aus dem Apothekenbetrieb zurückzog. Ich habe die Apotheke überhaupt erst zu dem auf- und ausgebaut, was sie heute ist, und dafür soll ich jetzt auch noch diesen hohen Kaufpreis bezahlen. Da fühle ich mich ehrlicherweise nicht ernst genommen und ausgenutzt.“

Beide Damen hatten, wie sie später einräumten, mit ihrer jeweiligen Sichtweise ein gutes Stück weit Recht – aber ihre Emotionen verhinderten den sachlichen Dialog und damit eine erfolgreiche Kaufpreisverhandlung.

Kaum zu glauben aber wahr: s.s.p. hat zwar neue Kaufinteressenten gefunden – aber letztlich die beiden Streitparteien per Entemotionalisierung doch noch zusammengeführt. Die Apotheke ist zwischenzeitlich zur Zufriedenheit beider Apothekerinnen übergeben worden. Die Aussage der Verkäuferin: „Herr Burr, das Endergebnis ist dank Ihnen gleichermaßen verrückt wie wünschenswert. Das hätten wir rückwirkend betrachtet auch günstiger haben können – aber dafür standen uns unsere Emotionen wohl zu sehr im Weg“.


Beispiel 3: Ein Chef zu viel!

Ein besonders dramatischer Fall bleibt in Erinnerung, bei dem der Verkäufer der Apotheke mit seinem Mitarbeiter bezüglich der Übernahme der Apotheke in allen Punkten Einigung erzielt hatte. Diese Einigung erfolgte zunächst mündlich und die beiden Herren beauftragen jeweils ihre Anwälte mit der Kaufvertragserstellung, die sich aufgrund von Urlauben, krankheitsbedingten Ausfällen und der schleppenden Beibringung benötigter Unterlagen über Wochen hinzog.

Unsensiblerweise war der potentielle Käufer dieser 8 Mio. € Apotheke vom Tag der mündlichen Einigung an mehr Chef als der Noch-Eigentümer, was dazu führte, dass er sich mit zwei approbierten Kollegen derart überwarf, dass diese kündigten.

Da auch der Kaufinteressent wusste, dass er zwei 40-Stunde Approbierte in dieser Region nicht ohne Weiteres würde ersetzen können, zog er sein Kaufinteresse mit der Begründung zurück, dass er seine work-life-ballance gefährdet sähe und es ihm kein Geld der Welt wert wäre, seine 5-jährige Tochter nicht mehr zu sehen.

Der Umstand der Kündigungen und die Tatsache, dass sich der potentielle Käufer seinem Wort nicht verpflichtet fühlte, führte in der Gesamtheit zu derart viel Missmut auf allen Seiten, dass der angedachte Käufer ebenfalls kündigte und der Verkäufer innerhalb von wenigen Wochen mit drei Vollzeitapprobierten weniger dastand. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem er sich gedanklich deutlich näher im Ruhestand als in der Apotheke sah. Auch der berühmte und gleichermaßen wertlose Letter of Intent (Absichtserklärung) brachte dem Verkäufer nichts. Kein verbindlicher Kaufvertrag, keine Betriebserlaubnis, keine Übergabe.


Gehen Sie nicht die Abkürzung!

Ähnlich wie beim Wandern erweist sich auch beim Apothekenverkauf die unbekannte Abkürzung oftmals als das Gegenteil – nämlich als längerer, unangenehmer und mitunter gefährlicher Umweg.

Wenn es also nicht nur darum gehen soll, wie der Apothekenverkauf am vermeintlich schnellsten vonstattengeht, sondern darum, wie Sie das bestmögliche Ergebnis bei gleichzeitiger Risikominimierung erzielen können, dann ermitteln Sie vor Ansprache der eigenen Mitarbeiter zunächst einen marktfähigen Kaufpreis und analysieren Sie, wie Ihre bestmögliche, von eigenen Mitarbeitern losgelöste Verkaufsoption, aussieht.  

Loten Sie vorsichtig aus, wie viel Käufernachfrage es in Ihrer Region gibt und seien Sie sich im Klaren darüber, was der Markt bereit ist, für Ihre Apotheke/n zu bezahlen. Gewinnen Sie einen, besser aber zwei ernsthafte Kaufinteressenten und erst dann gehen Sie – sofern es dann überhaupt noch notwendig und gewünscht ist – auf Ihr Personal zu und führen Sie das Gespräch aus einer starken und klaren Position heraus.

Stefan Burr
Gesellschafter-Geschäftsführer s.s.p. Die Apothekenvermittler
Quelle: LAV BADEN-WÜRTTEMBERG E.V.